Heimatverein Wehrstedt e.V.
Die Chronik
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Die Schule

Die "kleine" Schule

Nr. 43 Bis 1868 die kleine Schule
Das Gründungsjahr der Wehrstedter Schule ist heute nicht mehr feststellbar, aber es soll vor 1800 liegen. Wie im 18. Jhd. üblich, werdendie ersten Schulmeister wohl eigentlich Handwerker gewesen sein, die die Kinder "mehr nebenbei" im Schreiben, Lesen und Rechnen unterwiesen. Dem vor 1800 angegebenen Lehrer Bremer wird jedenfalls nachgesagt, daß er große handwerkliche Fähigkeiten hatte und damit sein schmales Gehalt aufbesserte.
Die Schule wird unter dem Patronat der Gutsherren gestanden haben. Sie stand neben dem Pfarrwitwenhaus, Nr. 43. Eine Eintragung besagt, daß Friedrich Wilhelm Leopold v. Stopler dieses Haus 1799-1800
auf seine Kosten erbauen ließ. 1818 wird es das erste Mal urkundlich erwähnt, weil dem "Adjunkten" [= Hilfsbeamter) Bremer vom Gute 49 Taler, 1'/3 Klafter Scheitholz und 2 Schock Wellen ausgehändigt wurden. Der Schulmeister wurde also vom Gut bezahlt und wohl auch ernannt oder angestellt. Als das Geschlecht derer von Stopler ausstarb, wurden die Lehrer auf Vorschlag des Kreisschulinspektors von der Königl. Preuß. Regierung ernannt. Die Klosterkammer, Nachfolgerin im Besitz der von Stoplers, verkaufte dieses "kleine" Schulhaus im Jahre 1868 an den Schäfer Ernst Stein für 2700 Mark.

Die Wehrstedter Schulmeister, Organisten und Küster
  • ca. 1800-1836 Lehrer Bremer
  • 1836-1862 Lehrer Gade, der "wegen körperlicher Schwäche zu Michaelis 1862 hierselbst emeritiert wurde".
  • 1862-1865 Lehrer Scharfe, aus Hamburg kommend
  • 1865-1865 Lehrer Spangenberg, ging nach Hardegsen
  • 1865-1873 Lehrer Wilhelm Düwel. "Derselbe hat den Feldzug von 1870/71 als Musketier des 79. Inf.-Rgts. mitgemacht". Während des Feldzuges hat sein Schwiegervater, der Emeritus Gade, Schule gehalten.
  • 1873-1874 Präparand Bode
  • 1874-1887 Lehrer Theodor Sötebier, der nach Steders-dorf bei Peine versetzt wurde
  • 1887-1893 Lehrer Gröling, versetzt nach Himmelsthür ein viertel Jahr vakant. Die Lehrer aus Salzdetfurth, Upstedt und Bültum unterrichteten vertretungsweise
  • 1894- 1932 Lehrer Heinrch Steinborn, bisher in Rietze bei Meinersen
  • 1932-1964 Lehrer August Nienstedt
  • 1964- 1980 Hauptlehrer Heinz Hofmann

Vor der alten Schule, 1902

Bis 1901 hatten die Wehrstedter Schulmeister auch das Organisten-und Küsteramt inne. Die Ämter wurden getrennt, auch das Vermögen. Es bestand aus Ackerland, Wiesen, Holzung, Flachsrotte und Hausgarten. 1879 besitzt die Schule außerdem ein bares Kapital von 1060,84 Mark, das aus Ablösungen stammt: Die Forstverwaltung hatte das jährlich zu liefernde Brennholz für die Schule abgelöst und der Kötner Heinrich Mahnkopp (Nr. 6) einen Himpten Roggen, ebenfalls der Landwirt Hermann Ohms und Schuhmacher Heinrich Gerbes je einen Himpten Roggen und einen Korb Eier. Bei der Ämtertrennung 1926 bekam die Kirchengemeinde als "Küsteranteil" etwa 80% und die Schule 20°/o des gesamten Vermögens. Das war für die Schule: 1 Holzteil im Südteil des Hainholzes, das Klassenzimmer und 20% der Ländereien. Die "Küsterei" (Kirchengemeinde) erhielt: Ein Holzteil am Nordhang des Hainholzes, 80 % der Ländereien, das Schulgebäude, alle Naturallieferungen und alle Kapitalien.
1932 wurde auch das Organistenamt von der Schule getrennt. Alle Ausgaben für die Schule wurden nach der Ämterteilung von der Gemeindekasse aus Steuergeldern beglichen. Aus der Staatskasse kam dafür ein Zuschuß von 500 Mark. Dem Schulvorstand gehörten an : Der Pastor, der Gemeindevorsteher, der Lehrer und 4 andere Mitglieder nach altem Brauch 2 Hofbesitzer (Kötner) und 2 Anbauern (Häuslinge). Erst 1945 trat an seine Stelle der Schulausschuß des Gemeinderates.
Das Küsteramt war von Anfang an mit dem Organistenamt an die Schulstelle gebunden. Bis zum Jahre 1901 blieb es so, daß der Schulmeister auch die Küsterdienstleistungen übernahm: 1. Kirche auf- und zuschließen 2. Kirche reinigen 3. Läuten und schmieren der Glocken 4. Schmieren, aufziehen und stellen der Uhr 5. Altar- und Kanzeldecken auflegen und abnehmen, waschen und plätten 6. Abendmahlsgeräte aufstellen und wieder wegschließen 7. Wein und Oblaten besorgen und den Abendmahlstisch bereiten 8. Taufwasser besorgen und eingießen 9. Anstecken der Lichter (Der Aufgabenkatalog hatte noch 5 weitere Küsterdienste)-
Daß mancher Lehrer noch nach 1932 Organist und Lehrer war - obwohl das Lehreramt nicht mehr mit dem Kirchenamt verbunden war - beruhte auf einer freien Vereinbarung, die heute mit "nebenberuflich" bezeichnet werden müßte.

Die alte Schule

Weil Mitte des 19. Jhds. die Schule wegen der gestiegenen Schülerzahl zu klein wurde, bauten die Wehrstedter 1868 an der südöstlichen Seite des Kirchplatzes eine neue Schule. An dieser Stelle war bis dahin ein Ententeich, der auch in sehr heißen Sommern nicht austrocknete.
Aus einem Bericht a. d. Jahre 1868:
,Zur Zeit des Schulbaues befand sich hier ein Teich mit starken Quellen, welche auch bei anhaltender Dürre niemals versiegten. Wenn die Brunnen einmal trocken wurden, dann holten die Nachbarn aus diesem Teiche das nötige Trinkwasser für ihr Vieh ..."
Der "Pausenhof" war bis 1908 die Dorfstraße vor der Schule. Erst dann stellte der Kirchenvorstand den ausgedienten alten Kirchhof an der Südseite der Kirche als Turn- und Spielplatz zur Verfügung.
Ein sehr ergiebiger Brunnen lag mitten im Gemüsegarten des Lehrers. Aus ihm wurde noch bis 1931 das Wasser für die Schule und den Lehrerhaushalt "gepumpt".
Als im Jahre 1896 das Kaliwerk in Salzdetfurth abgeteuft wurde, zogen auch viele Bergmannsfamilien nach Wehrstedt. Oft waren es kinderreiche Familien. So stieg die Schülerzahl von ca. 45-50 Kindern auf über 90! 1904 wurde deshalb das Schulzimmer umgebaut und erweitert. Kosten: 1.800 Mark.
Jahrgang 1907 (Lehrer Steinborn)

Nach dem Zustrom der Flüchtlinge und Vertriebenen nach dem 2. Weltkrieg stieg die Schülerzahl wiederum. 1950 waren es 167 Schulkinder! 1947 sogar 186 Kinder. Der Schulunterricht dauerte bis 17.30 Uhr. Deshalb wurde am 5. 6. 1950 auf dem Philippschen Hof ein zweites Klassenzimmer eingerichtet, in dem das 1. bis 4. Schuljahr unterrichtet wurden.
Dort unterrichteten nacheinander:
Lehrer Erich Grosser, Maria Timm, Erika Matern, Ilse Knappe, Hilde-gard Malitz, Lothar Paul, Christa Neubert.

Die neue Schule

1962 wurde die neue - die jetzige - Schule auf dem Philippschen Hofe gebaut und bezogen, ausgestattet nach modernen Gesichtspunkten. Sie hat 3 Klassenräume, einen ca. 8 ar großen Pausenhof und eine ca. 1,5 Morgen große Spielwiese. Der Neubau kostete 280.000 DM. Grundstück, Schulhaus und Lehrerwohnhaus gehörten der Gemeinde Wehrstedt, waren also mit Klosterkammer und Kirche überhaupt nicht mehr verbunden. 1974 ging alles in den Besitz der Stadt Bad Salzdetfurth über.
Die 1962 erbaute Grundschule Wehrstedt
(Anm. die Schule gibt es leider nicht mehr, stattdesen befindet sich ein Dorfgemeinschaftshaus in ihr)


Auf Zucht und Ordnung und alle anderen Tugenden wurde in dieser Schule schon immer geachtet, und zur-Schule-gehen war schon immer Pflicht. Wer sich dieser Pflicht entziehen wollte, wurde auch damals schon bestraft. Davon zeugt in der Schulchronik eine Eintragung, die schon ein dreiviertel Jahrhundert alt ist:
"Der Dachdecker Christian M. wurde, weil er seinen Sohn E ... nicht zur Schule schickte und ihm später auch keine Bücher aushändigte, zu 5 Mark Geldstrafe verurteilt ...
Der Bergmann Wilhelm E. wurde dafür, daß seine Tochter Emilie längere Tage die Schule versäumte und sich spielend auf der Straße aufhielt, ... mit 3 Mark bestraft."
Typischer ist für die Wehrstedter Schulkinder aber wohl die folgende Eintragung, die auch aus demselben Jahre stammt:
"Das sittliche Verhalten der Schulkinder in und außer der Schule war immer ein gutes und hat zu Klagen niemals
Veranlassung gegeben". (Was auch in Zukunft so bleiben möge)

Die große Wasserflut

Nach Aufzeichnungen von dem Sehlemer Bürger Joh. Heinrich Grobe (1839):
Am dritten Pfingsttage, dem 27. Mai 1738, entlud sich hier über den Dörfern des früheren "Gelenberger Goe" im Amte Winzenburg und "Stift Hildesheim" ein gewaltiges und schweres Hagelgewitter. Durch die hierdurch entstandene Flut mußten viele Menschen und Vieh ihr Leben lassen.
Die hiesigen Einwohner glaubten, ein "Gottesgericht" wäre über sie hereingebrochen, denn "Pest, Theuerung und
Feuersbrunst sind gar harte Plagen, reichen jedoch nicht an die Flut mit ihrer plötzlichen Gewalt und Not".
Das Gewitter zog sehr schnell über Petze und Sibbesse auf, brach gegen 5 Uhr nachmittags mit Gewalt los und dauerte etwa bis 7 Uhr abends.
Vom fast schwarzen Himmel zuckten gewaltige Blitze, und wie aus Mulden gegossen, stürzte das Wasser mit nie gesehenen Hagelmassen zur Erde. Äste wurden von den Bäumen geschlagen und das ganze Winter- und Sommerfeld böse verwüstet.
Die Erde ist durch die Wassermassen fortgespült, so daß sich Löcher und Furchen von etlichen "Ruhten" Breite und 3 bis 4 Ellen Tiefe ergaben. Auf den Talwiesen lagen Hunderte Fuder Steine und Grand. Die Hauptwege
waren derart mit Morast überschüttet, daß sie sehr lange Zeit nicht zu passieren waren. Die Fensterscheiben waren fast alle zerschlagen, und Zäune und Bäume mußten der Flut weichen.
Am meisten wurde das Dorf Almstedt betroffen. Die Traurigkeit und Not ist kaum in Worte zu fassen. Durch die Flut wurden elf Häuser, drei Scheunen und viele Ställe niedergerissen und samt Bäumen bis Breinum und östrum gespült. Große Eichen und Twisselbäume brachen gleichfalls um. Auf dem adeligen Hofe "von Rheden" sind alle Mobilien, die neue Scheune, die neue Mauer, Backhaus und Ställe mit dem Vieh weggerissen.
Die Personen, die in dieser Flut ertrunken, sind: Conrad Thielemann nebst Frau und Tochter. Hans Heinrich Stoffregens Frau mit zwei Kindern, seines Bruders Frau, von Sehlem gebürtig, mit zwei Kindern samt Haus und Hof. Die Müllerstochter von 16 Jahren ist auf einem Weindenbaum ertrunken. G. Lampens Frau. Der Riegemann Wunstorf sah vom Berge, wie seine Frau und Kinder weggerissen wurden, ohne helfen zu können. Christoffel Stahl mit Frau, Tochter und ganzem Hause. Bartold Hanens Ehefrau, Kind und ganzem Hause, nebst einer Witwe mit Tochter, so im Hause wohnten. Hermann Raschens Frau, dessen Kind wunderlich gerettet. Ernst Knacksterdts Frau mit Kind und ganzem Haus. Des Andreas Müllers Frau, Kind und Tochterkind. Er selbst war auf das Hausdach retirieret und wurde mit der Flut bis in die Masch getragen, wo er mit dem Leben davonkam.
Zu östrum ist ein Haus weggerissen und 18 sind nebst einer Brücken und Mühle ruiniert. 6 Pferde, 57 Hornvieh und 14 Schweine sind auch ersoffen.
Unvermuthet brach die Flut in den Flecken Salzdetfurt ein. Bis drei Ellen hoch kam die Flutwelle mit viel Holtz und Planken, die gleich die vier "Saltzkathen" an der Lamme gelegen fortrissen. Der Schäfer rief vom Berge: "O Water, 0 Water, Bargan, Bargan!" doch die Leute verstanden ihn nicht und wurden vom Wasser überrascht. Einige hatten sich in die Kirche geflüchtet und mußten auf den Turm, denn schnell stand das Wasser 6 Fuß hoch in der Kirche. Das Wasser stund bis an den 2. Stock der Häuser, bei einigen bis ans Dach. Gegen 7 Uhr fiel das Wasser und da man um 9 Uhr abends den Boden betreten konnte, fand man nur Schlamm, weder Essen noch Trinken.

Die ihr Leben hier drin geendigt, sind: Hanß Heßen, ein Mann von 77 Jahren. Er läuft ins Haus in die obige Kammer und wird doch vom Wasser ergriffen. In dieser Kammer schlief ein Kind aus Hildesheim, Herrn Bösen Sohn von 5 Jahren, welches gleichfalls mußte im Wasser seinen Geist aufgeben. Anna Dorothea Ledderhaus, Ernst Gudewills Witwe von 95 Jahren, sitzend auf ihrem Bette, wurde vom Wasser durchs Fenster getrieben. Christoph Becker und dessen Frau Ilsabe 46 Jahre wurden vom Holtz unters Wasser gedrückt. Heinrich Nauen Frau 66 Jahre. Klages Warneken Tochter 19 Jahre, 2 Söhne von 5 und 2 Jahren. Eva Stoffregen 77 Jahre alt. Caspar Täsings Sohn von 4 Jahren wurde beim neuen Krug ergriffen. Frantz Fäsings Frau von 66 Jahren nebst ihrer Tochter Kind von '\3/* Jahren. Christof GIejen, ein Mann von 79 Jahren.
In wunderbarer Weise, wurde in dieser großen Wasser-Noth der Hildesheimer Stadtschreiber gerettet, der in der Fensterbank vom neuen Kruge zwei Stunden lang bis an die Schulter im Wasser gestanden. Auf einem Birnenbaume haben sich 13 Personen gerettet. Ein Knabe von 9 Jahren kommt bei der neuen Mühle angeschwummen, der Müller konnte ihn mit einem Eisenhaken nicht erhaschen, bleibt aber doch an einem Baum hangen und fristet sein Leben.
In Salzdetfurt sind an Vieh 10 Pferde, 116 Stück Hornvieh und 29 Schweine ersoffen. Von den Saltzkothen sind 16 stehen geblieben und ebenso viele vernichtet. 178 Häuser sind stark beschädigt. 7 Saltz-pfannen sind aus den Kothen über hundert Schritt weggeflossen. Alle Brunnen sind voll Schlamm. 7 Brücken und 1 Mühle sind gäntzlich verdorben. Der Schaden des in den Kothen geschmolzenen Saltzes wird auf 510 Thaier gehalten. Der Schaden an vernichteten guten Holtz auf 3000 Thaler.
Diese Wasserfluth hat auch in Wesseln 4 Menschen, 14 Kühe und 23 Schweine vernichtet. Auch in Klein Düngen sind noch viele Gebäude ruinieret und 30 Schweine ersoffen.
Die Menschen mögen hieran lernen, wie groß der Zorn Gottes über die Sünden der Menschen sey und wie bald er den Menschen könne dahin raffen. Die Zahl der ertrunkenen Menschen und Vieh sind soweit bisher bekannt, nochmals erwähnt.
Menschen: 73, Pferde: 34, Hornvieh: 205, Schweine: 163, Schafe: 74, Gänse: 300.

Die Franzosenzeit


Nachdem Napoleon Deutschland besetzt hatte, wurde am 1. Sept. 1807 das Königreich Westfalen gegründet. Napoleons jüngster Bruder Jerome wurde König von Westfalen und residierte als "König Lustik" in Kassel-Wilhelmshöhe. Am 23. August 1807, also eine Woche vorher, wurde Jerome in Paris mit der Prinzessin Katharine von Württemberg verheiratet. Zu dieser Hochzeit hatten Abordnungen aller Distrikte seines Königreiches zu erscheinen. Von hier mußte Graf Brabeck vom Söder nach Paris. Zehn Tage dauerte die Fahrt in der Reisekutsche nach Paris- Wahrhaftig kein Vergnügen !
Aber auch für die Wehrstedter brach keine vergnügliche Zeit an, obwohl am 15. Dez. hier beim Bauermeister eine Proklamation von "König Lustik" eintraf, die im Dorf ausgeklingelt werden mußte:
"Unsere guten und getreuen Einwohner des Königreiches Westfalen! An diesem Tage habt ihr das erste aller Güter erlangt: Ein Vaterland ... In dem Ich den Thron besteige, verpflichte Ich Mich, euch glücklich zu machen . . ."
Wehrstedt war eine Munzipalität (= Dorf), gehörte zum Distrikt Hildesheim im Department Oker. Unser Bauermester wurde Ortsmaire, der Hofrat Blum wurde in Hildesheim Präfekt. Das interessierte die Wehrstedter weniger. Aber sie mußten plötzlich mit franz. Geldwährung, franz. Maßen und Gewichten rechnen.
Und Steuern wurden erhoben und erhöht: Wegezölle, Verbrauchssteuern, Salzsteuer,Grundsteuer, Personalsteuer. Besonders die sehr hohe Grundsteuer machte den Bauern zu schaffen!
Und die Konscription! Das war eine Zwangswerbung bei den jungen Männern, die zur Armee Napoleons eingezogen wurden. 25.000 Deutsche mußten mit nach Rußland marschieren, darunter drei Wehrstedter, die heute nicht mehr namentlich bekannt sind. Aber von dem Nettlinger Andreas Liekefett ist ein Brief erhalten. Nach seiner Rückkehr von dem großen Marsch bis vor Moskau ist er zurück, aber "ungesund und von elender Lebensart" nur bis Kassel gekommen. Er schreibt von dort an seine Eltern:

Liebe Eltern, ich grüße Euch vieltausendmal! .
... Ich hätte nicht gedacht, dass ich hätte nochmal an euch schreiben können, aber Gott hat seine Gnadenhand über mich gehalten.
. . . Vom ersten Regiment sind unser einundzwanzig Mann von gekommen, die ändern sind tot oder gefangen. Meinen guten Freund Henning Möhlen den habe ich müssen verlassen. Ich weiß nicht, wo er geblieben ist ...
Liebe Eltern, ich habe mir oft gewünscht, das Übrige von Eurer Mahlzeit, wir haben uns müssen das Gras vom Felde kochen in Rußland. Ach, ich kann es euch nicht schreiben wie es mir ergangen ist. Vier Wochen vor Weihnachten da ging die Retirade (Rückzug) los, und haben müssen marschieren bis jetzt.
Dreihundert Meilen (d. h. etwa 2250 km) bin ich, liebe Eltern, von euch entfernt gewesen. Jetzt sehe ich gerne, dass doch mal einer von euch käme und besuchte mich doch. Und bringt mir doch etwas Geld mit, damit ich mich doch etwas wieder erquicken kann. Ich bitte Euch, verlaßt mich doch nicht. Ich liege in der Hogendorfstraße bei dem Metzger Meyer in Kassel.
Liebe Eltern, ich bin in großen Nöten und Ängsten gewesen, aber Gott hat mich doch immer wieder errettet . . .


1848 bricht überall in Deutschland die Revolution aus, auch in Wehrstedt. Von den Vorgängen im Dort wußte einige Jahre später der Müller Hagemann zu berichten.
Vorweg aber einige Anmerkungen : Wehrstedt ist 1848 preußisch, das Gut, seine Häuser noch nicht verkauft. Auf dem Gutshof ("Klostergut") wohnt ein Amtmann als Pächter, im Pfarrhaus der Pastor Zenker, im Witwenhaus" der Revierförster Lange. Im Haus Nr. 32 wohnt der Brinksitzer und Kirchenvorsteher Heinrich Mumme und in Nr. 28 der Vorsteher Heinrich Leinemann.


Was der Müller Hagemann von der Revolution zu berichten weiß:

1848 erhoben sich die bedrückten Bauern, zogen mit Forken und Dreschflegeln zunächst vor das Pfarrhaus. Sie mußten tatsächlich Hunger leiden und riefen von flammender Wut entbrannt: Preßfreiheit!! Pastor Zenker ließ hinten ins Haus den Kirchenvorsteher Mumme kommen, und im Schütze dieses breitschultrigen Mannes trat er vor das Haus unter das empörte Volk, zum herzzerreißenden Jammer seiner Frau, die ihn beschwor, sich nicht unter die Revolutionäre zu wagen. Doch er ging ruhig Als ihm doch etwas unbehaglich wurde, schaute er sich mal um nach Mumme. Doch er hatte sich verzogen. "Also", sagte er, "was wollt ihr denn - Seid doch vernünftig !" Er soll sterben, der Vorsteher, der Kopf soll herunter!" Als sie vor das Haus kamen, war alles verrammelt, Läden zu. Tür verschlossen. Der Pastor klopfte an. Kinder fingen immer an zu schreien.
Pastor Zenker: "Ich bins, macht doch auf. Ich will euch helfen!" Frau L macht auf. Die Kinder sitzen alle unter dem schweren Eichentisch auf den Fußbrettern, wie Küken zusammengedrängt. Er ist geflüchtet.
"Also, mit L habt ihr Frieden!" "Nun weiter zum Amtmann!" (Heinemann) Der ist zu Haus. Als die Menge auf den Hof kommt, sehen sie Flintenläufe aus den Fenstern ragen. Pastor Zenker geht hinein. Er sagt: "Herr Amtmann, sie müssen was gewähren, sonst geht's ihnen dreckig. Kommen sie, wir gehen zusammen runter, dann geschieht ihnen nichts!" "Auf keinen Fall! Ich spreche hier oben vom Fenster". [Dann ruft Pastor Zenker vom Fenster hinunter:] "Er will Land billig verpachten, Korn gegen Geld hergeben. Nun zieht ab!! Aber die Leute haben kein Geld. Pastor Zenker, [der gerade] eine Erbschaft gemacht, sagt: "Ich will für euch einstehen, mit meinem Gelde!" Der Amtmann [warnt] ihn: "Pfäfflein, nimm dich in acht! Kannst du nicht zahlen, ziehen sie dir das Fell über die Ohren!" [Zum Amtmann] sagt Pastor Zenker: "Wie wär's, wenn jetzt [verhandelt] würde"" Der Amtmann springt auf, wirft seinen Stuhl in die Ecke, sieht schnell wütend auf die Menge, verläßt [das Zimmer] und schlägt die Tür hinter sich zu! Darauf geht auch Pastor Zenker ruhig nachhause. Als der Haufe mit [ihm] vom Gute abzieht, sagt Pastor Zenker: "Ich habe viel Korn gekauft. Das will ich euch billig geben. Kommt und holt euch was!

Nach dem Bericht soll der alte Müller Hagemann versonnen vor sich hingeschaut, dann geschmunzelt und wehmütig hinzugefügt haben:
Tscha - das was de ganze Revoluschon !

Von der Revolution selbst sind keine äußerlichen Erinnerungen geblieben. Auch kein Stein oder Baum zeugt noch davon. Vielleicht ist aber das Bild Pastor Zenkers in der Wehrstedter Kirche ein Zeichen der Dankbarkeit. Die große Linde vorm Kruge wurde als Lutherlinde die Eiche vor der Schmiede als Reformations-Eiche erst 1917 gepflanzt.

Pastor Zenker

Die beiden Wilddiebe

Daß die "gute alte Zeit" gar nicht immer so "gut" war, zeigt die folgende Eintragung in der Gemeindechronik:
Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts war die Armut in Wehrstedt sehr groß. Aus Gemeindemitteln mußten ununterbrochen Armenunterstützungen gezahlt werden. Die beiden Familien Dietrich, welche von Diebstahl und Wilddieberei lebten, machten der Gemeinde ganz besondere Schwierigkeiten. Nachdem ein Versuch, den Maurer Heinrich Dietrich mit seiner Frau und 3 Kindern nach Australien zu verschicken, fehlgeschlagen war, wurde diese Familie im September 1856 nach New-Orleans in Amerika geschickt. Die Unkosten für ihre Beförderung ins Ausland betrugen 209 Taler, 11 Groschen, 4 Pfennig.
Dieser Dietrich kehrte gegen 1880 aus Amerika zurück, ohne Frau und ohne Kinder, und wohnte in Hildesheim. Dort erschoß er in den 90er Jahren eine Frau und ein Kind und wurde dafür vom Schwurgericht zu Hildesheim zum Tode verurteilt, nachher aber zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt.
Im Oktober 1856, also einen Monat später, wurde der Schuhmacher Christoph Dietrich mit seiner Frau und einem Kinde auch nach New-Orleans geschickt. Die Unkosten betrugen für die Übersiedlung 96 Taler, 2 Groschen.

Der Schweinehund

Die folgende Geschichte ist zwar nur mündlich überliefert, soll aber ganz die Wahrheit wiedergeben.
Als nach der mißglückten Schlacht bei Langensaiza (1866) das Hannoversche Königreich von Preußen besetzt war, kamen auch preußische Beamte und Soldaten ins hiesige Amt Marienburg. Preußische Gendarmerie achtete hier auf Ordnung! Und wenn ein Gendarm im Dort erschien mit Pickel, Schnauzbart, umgeschnallten Säbel usw. ", so muß das etwas Furchterregendes gewesen sein. (Aber unbeliebt sind wohl alle Besatzungen.) Die Abneigung und der Zorn der Bevölkerung galt wohl mehr Berlin, der preußischen Regierung und damit Bismarck. Deswegen nannte der hiesige Schweinehirt Heinrich N. seinen Hund jetzt "Bismarck". Das war ein alter, bissiger Kläffer, der nie recht hören wollte. Diesmal wollte er wieder mal gar nicht hören! Und Heinrich N. polterte sich fast die Seele aus dem Hals: Bismarck, kumm! Bismarck, warte nur! Bismarck, wull de woll! Das hörte im Vorübergehen auch der preußische Gendarm, verwunderte sich und fragte streng und barsch, ob hier wohl alle Hunde "Bismarck" hießen. "Nä"-, seggt Heinrich, "blots de Swoinehunde!"

Die Verkoppelung

In den Jahren 1865/1869 hat in der gesamten Feldmark und im Dort selbst eine Auf- und Umverteilung von Ländereien stattgefunden. Die Allmende wurde dabei an die Einzelnen verteilt, einige Ländereien auch umverteilt, d. h. "verkoppelt". (Allmende heißt das Gemeinschaftseigentum der Dortbewohner an der landwirtschaftlichen Nutzfläche = Weide, Wald, Wiese.)
Bis 1869 hatten die Dortbewohner noch Gemeinbesitzungen und allgem. Nutzungsrechte, die endgültig "abgelöst" wurden. Der Dortanger wurde gewissermaßen an die einzelnen Grundeigentümer aufgeteilt. Aber neben den Weide- und Holzrechten wurden auch die Pflichten (Dienstleistungen, Naturalabgaben, u. ä.) abgelöst. Dieser Vorgang des "Verkoppeins"- schriftlich festgehalten als Rezeß (= Vertrag oder Protokoll) - füllt im sogenannten Rezeßbuch 217 Seiten.

Laut Rezeßbuch wurde die Verkoppelung am 21. Dez. 1869 abgeschlossen, nachdem etwa 4 Jahre vermessen, verteilt und umverteilt worden war. Die Feldeigentümer bekamen, ihrer Hofgröße entsprechend, Anteile aus der Allmende als Eigentum zugeteilt. Aber vorher waren alle Sonderrechte aus der "Verteilermasse" abzugelten - und gerade das füllt die meisten der 217 Seiten.
Dabei wurde eine Grundstückskarte der Feldmark und des Dorfes erstellt und die Hausgrundstücke erstmals numeriert. Dem Königl. Preuß. Oberamtmann v. Oeynhausen und den Landvermessern Fleische und Sothmann aus Bockenem gingen 6 Kotsassen und 3 Anbauer beim Grenzenfestlegen und Werteinschätzung zur Hand.
Geteilt wurden alle Grundstücke, Ackerländereien, Wiesen, Anger und Forsten in Wehrstedt.

Jeder darf das bisher bewohnte Haus und Hausgrundstück als Eigentum behalten und "jeder ist befugt, seine Abfindung . . .
nach seinem Gutbefinden auf jede erlaubte Weise zu nutzen. Die 3-Felder-Wirt-schaft ist aufgehoben, ebenfalls die Hegezeit der Wiesen".
Vor der Verkoppelung hatten alle Grundbesitzer allgemeine Nutzungsrechte, auch das Klostergut (mit Forsthof und Schäferei), die Pfarre und die Schule, der Ackerhof und sämtliche Kotsassen.
Sie hatten das Weiderecht auf den Stoppeln der Äcker, auf den Wiesen nach der Mahd, aber in den Forsten und auf dem Anger das ganze Jahr hindurch. Pferde, Kühe, Schweine und Gänse durften dort weiden. Die Brinksitzer und Anbauern durften auch ihr Vieh dort weiden lassen, hatten aber ein Weidegeld (meistens 3 M) zu entrichten. Häuslinge durften das nicht.
Den Rischen-Anger benutzten auch die Salzdetfurther als Weide. Das Gras der Reihewiesen wurde reihum verteilt. Auf dem Anger durfte das Gut Kopfweiden anpflanzen, die anderen aber Hainbuchen. Grand und Lehm für sein Haus durfte jeder Hausbesitzer dem Anger entnehmen.
Alle Einwohner - auch die Häuslinge - durften in den Flachsrotten ihren Flachs rotten und auf dem Anger trocknen. Alle durften auch dem Königl. Klosterforst Streulaub entnehmen, aber nur die Häuslinge, Anbauern und Brinkbesitzer durften dort trockenes Holz hakeln. Der Müller durfte dem Anger auch Erde und Soden entnehmen. Im Verkoppelungsrezeß ist jede neue Regelung bis ins Detail festgehalten und aufgezeichnet:
Die Grundstücke im Dorf verbleiben den bisherigen Eigentümern und werden numeriert (s. Anhang). Die Wege werden gena vermessen. Vom Anger bekommt das Klostergut 30 Ruten für die bisherige Nutzung von Kopfweiden. Kotsassen, Pfarre und Schule bekommen vom Anger je 15 Ruten für bisherige Nutzung von Hainbuchen. Für das bisherige Weiderecht in den Klosterforsten bekommen die Weideberechtigten 10 Morgen Angerland, nur Klostergut und Forsthof bekommen nichts. Für das abgelöste Streulaubsammeln
bekommen alle zusammen - außer Klostergut - 15 Morgen Angerboden.
Die Häuslinge dürfen auch weiterhin Laub aus Wegen und Gräben entnehmen, auch Heide- und Heidelbeerkraut. Aber sie müssen es "an die Klosterforst" (= Forstverwaltung) bezahlen. Die Kotsassen dürfen das nicht, da sie selbst Wald besitzen, aber 13 Brinksitzer, 19 Anbauern und 30 Häuslinge dürfen nur noch an 2 Tagen Leseholz in der Forst hakein.
Das Hirtenhaus - bisher gemeinsames Eigentum des Ackerhofes und der Kotsassen - wird an Ernst Mahnkopp und Heinrich Mahnkopp verkauft.
Das Grundstück 93 wird als neuer Friedhof Eigentum der Kirchengemeinde und wird bis zum Bedarfsfall vom Schullehrer genutzt.
Alle Feldmarkbesitzer nutzen weiterhin gemeinsam:
Die Mergelgrube an der Ohe (113)
die Lehmgrube über dem alten Berge (184)
die Grandgrube am Ziegenberge (236)
und den Raum zum Trocknen der Flachsknoten am Ziegenberg (234)
Die oberen Flachsrotten im Brander-Siek bleiben für alle Einwohner, die keine eigenen Flachsrotten haben.
Die Brunnen dürfen weiterhin von den in der Nähe wohnenden Einwohnern benutzt werden, wenn sie sie auch unterhalten. Die Lamme ist ab Riehe-Mündung die Grenze zu Salzdetfurth. Das Gras am Ufer darf nur der nutzen, der das Ufer unterhält. Am Stauwehr wird das Wasser vorrangig für den Mühlenbetrieb des Kotsaß' Baake abgeleitet. Mit dem übrigen Wasser dürfen die Wiesen bewässert werden. Der Müller unterhält Stauwehr und Mühlengraben, die Wiesenbesitzer unterhalten den Damm.
Alle Abzüge und Gräben zur Lamme hin sind Eigentum der Verkoppelungsinteressenten und dürfen wie die beiderseitigen Stellwannen nicht verändert werden. Stellwannen sind schwengelbreite Ränder, damit beim Pflügen ein Pferd und ein Pflugrad drauf Platz haben.
Alle Wege sind öffentlich. Auch der bisherige Richteweg von Bodenburg nach Schloß Söder (Nr. 76) ist als öffentlicher Gemeindeweg anerkannt.
Den Holzbestand am Ziegenberg, vorm Weißen Stein und vorm hinteren Berg haben die Parzellenbesitzer für 576 Reichstaler, 2 Groschen und 5 Pfennige gekauft.
Die Pächter der 4 Morgen 38,5 Ruten Kirchenland und der
35 Morgen 25 Ruten Pfarrland dürfen dieses Pachtland auch weiterhin pachten. ... (217 Seiten sind so
gefüllt!)

Der Dorfplan von 1869

Schichtenprofil

Im Oktober 1964 bohrte die Preußag in der Masch auf 40 m Tiefe einen Brunnen für das Kaliwerk in Salzdetfurth. Die Brunnenbauer arbeiteten 6 Wochen und hatten bereits bei 80 cm Tiefe Wasser ange-
bohrt, das vom natürlichen Druck auf 50 cm hochgebracht wurde. Auf 2,90 m bis 3,30 m steht bereits brauchbares Grundwasser.
Eine geologische Seltenheit wurde auch angebohrt: Zwischen ca. 2,00 m und 3,00 m Tiefe liegt an dieser Stelle Faulholz. Das ist eine Vorstufe von Kohle und ist dem Torf vergleichbar. Dieses Faulholz- Flöz hat eine Mächtigkeit von ca. 1,10 m! (Bei weiterer Energieverknappung wäre zu bedenken, ob man . . .)
Das Bodenprofil wurde ca. 300 m südwestlich der heutigen Schule er-bolirt. Es ist typisch für die Masch, die Fronwiese, die Grote Wisch und den Entenpfuhl (Ahnepaule). Das ist etwa das Gebiet zwischen Friedhof und den "Zuckerteichen", zwischen Philippschem Hof und Gallberg (Bergmühle).
Erkennbar ist, daß die Schichten 1 bis 3 vermutlich in den letzten 400 Jahren aufgetragen (aufgeschwemmt) wurden. Sie sind wohl ein "Nachlaß" der großen Überschwemmungen.
Wasserführend, d. h. für Brunnenbohrungen ergiebig, sind die Kiesschichten 6, 7, 8. Dieses Wasser ist gering ockerfarbig getrübt, was vom Eisenrost im Kies herrührt.

Vom Salzstock und den Bergleuten


a) Zum Salzstock, zur Tektonik:
Normalerweise liegt das Salz in tieferen Schichten und ist von jüngeren Sedimentschichten (Ablagerungen) zugedeckt, z. B. von Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper . . .). Zuletzt wurde unsere Gegend auch noch von eiszeitlichen Sedimenten überdeckt. Durch die Beschaffenheit der unteren Ablagerungsschichten ist das Salz vor Wasser geschützt und kann nicht aufgelöst werden.
Dieses Zechsteinsalz wurde nicht nur von einer mächtigen Sedimentfolge zugedeckt, sondern auch durch deren Schwere langsam nach unten gedrückt. Da die Innentemperatur der Erdkruste pro 100 m Tiefe um rund 3° C steigt, können manche unserer Salzschichten in ihrer Tiefe bis zu 150 C erhitzt worden sein. Durch den Druck der darüber-gelagerten neuen Sedimentmassen (unter Wehrstedt ca. 700 - 800 m) und der Hitze veränderte sich die Viscosität des Salzes: Es blieb nicht mehr starr, sondern fing an zu fließen und zu gleiten. Das Steinsalz wurde biegsam und drückte sich nach oben, in Erdspalten und Risse. Die Deckschichten wurden langsam auseinandergedrückt.

Eine Tektonik-Zeichnung der K -+- S zeigt diese Schichtung wie folgt:

An den Rändern dieses emporkommenden Salzstockes wurden auch die Schichten der "Nebengesteine mit emporgedrückt. So entstanden Sauberge, Hildesheimer Wald, Ohe usw. als Folge eines solchen, hochgeglittenen Steinsalzstockes. Die aufeinander abgelagerten maritimen Sedimentschichten treten an den Abhängen der Höhenzüge zutage (Sandsteinbrüche, Mergelkuhlen, Kalksteinbrüche . . .).
Der jetzt sehr hoch liegende Salzdetfurther Salzstock wurde als plastische Masse auch in sich stark gefaltet. Diese
Faltvorgänge sind im Bergwerk noch deutlich erkennbar.

Untersucht wurde unser Salzstock durch Probebohrungen erst 1893. Angeregt durch die Oberflächengestalt der umliegenden Höhenzüge und die an ihren Hängen zutagetretenden Tektonik der maritimen Abdeckungssedimente (Ablagerungen des Urmeeres), fanden drei Probebohrungen statt. Außerdem traten zwischen Weifenhöhe und Sothenberg schon immer Solequellen zutage, die durch Verwitterung und Erosion bis an den hochliegenden Salzstock reichten. Dort war er nur sehr dünn überdeckt, brüchig und für das lösende Wasser angreifbar. Auch in Wehrstedt hat eine Wasserbohrung hinter Bocks Hof salzhaltiges Wasser gefördert, das wahrscheinlich durch eine Erdspalte mit dem tiefliegenden Salz in Berührung kommt.
b) Zum Schacht
Nach 1893 wurde der 1. Schacht in Salzdetfurth abgeteuft. Der erste der drei Schächte wurde 1898 fertig und im Jahre 1900 wurde das erste Salz gefördert. Das Abteufen, der Bau der Schachtanlagen, die Nebenbetriebe und vor allem der Untertage-Abbau benötigte ungewöhnlich viele Bergleute und Arbeitskräfte.
Dieses 87 Jahre alte Foto zeigt einen historischen Augenblick: Am 4. Sept. 1893 wird aus der Tiefbohrung II bei Salzdetfurth der erste Salzkern gezogen. Drei Jahre später wurde an dieser Stelle der Schacht l abgeteuft.
c) Zur veränderten Struktur des Bauerndorfes:
Das ungewollte "Arbeitsbeschaffungsprogramm durch die Kaliwerke Salzdetfurth AG" brachte für die Wehrstedter Häuslinge und Anbauer eine gute Möglichkeit, endlich zu Arbeit und Verdienst zu kommen. Die Sorge ums tägliche Brot wurde in einigen Familien um die Jahrhundertwende merklich geringer. Aber-der beginnende Salzbergbau brachte auch eine Reihe Bergmannsfamilien ins Dorf, die "im Salze" einfach keine Wohnung fanden. Der Kolonieberg war ja noch nicht bebaut. Alte Fotos zeigen zwischen Oberem Tor und Neuem Krug nur freies, unbebautes Feld.
In Wehrstedt brachte dieser Zustrom zunächst Probleme in der Dorfschule. Da mußte der Klassenraum auf Anordnung der Königl. Regierung vergrößert werden, weil aus 53 Schulkindern 84 wurden! Allein im Juni 1896 wurden 14 Kinder von Bergleuten neu in die Schule aufgenommen. Sie gehörten zu den Familien Chr. Jütte, H. Jütte, Örtel, Einecke, Ludwig, Wybieralski, Becker, Schlender.
Aber auch plötzliche soziale Verbesserungen brachte der Anstieg der Einwohnerzahl und die erhöhte Kaufkraft der Bergmannsfamilien für Wehrstedt: Mieteinnahmen für manchen Hausbesitzer. Einige Bleks und Brinke wurden als Bauplätze veräußert. So mancher Himpten Getreide wurde auf den Kotsaßhöfen mehr verkauft. Auch beim "lüttgenBäcker", beim Prüllker und beim Kaufmann stieg der Umsatz möglicherweise auch bei den beiden Krügern. Übrigens ging der "Kaufmann" tagsüber auch zur Arbeit; einen Laden im heutigen Sinne gab es noch nicht. Die nötigste Ware war damals noch im Flur untergebracht, und das Salzheringsfaß stand unter der Kellertreppe. Ein gewisser Vorrat stand in der "Stube", wo bei vielen Wehrstedtern zu jener Zeit noch der Webstuhl stand.
Nr. 58 Anbauer Christian Koch

Das Armenhaus


Das alte "Armenhaus" muß aus dem 17. Jahrhundert gestammt haben, gehörte der Gemeinde und stand unterm Ziegenberg (heute Nr. 44). Es wurde zu Va von den Einwohnern der Gemeinde und '/a vom Gut unterhalten. Platz war für vier Leute, die im Erdgeschoß nur Flur und Küche und einen gemeinsamen Wohnraum hatten. Auf dem Dachboden hatte jeder einen Bretterverschlag mit Bett und Strohsack. Das Mittagessen wurde täglich nach einem festen Plan von den Kotsassen, vom Ackerhof und dem Gut für die Armenhäusler hingebracht.
1854 ist das Armenhaus so baufällig gewesen, daß es von "Wilhelm Ebeling Kotsassen daselbst" für 241 Taler 13 Groschen 1 Pfennnig neu aufgebaut werden mußte.
24 Kotsassen, des Ackermann Grebens Witwe, Heinrich Philipps aus Bodenburg und von Steinberg in Bodenburg bezahlten 2/3 und der Pächter des Gutes 1/3 der Summe auf, so daß von einem Kothof etwa 5-6 Taler zu zahlen waren. Unterschrieben wurde der Vertrag am 25. Okt. 1855 vom Bauermeister Lücke und den Vorstehern Leinemann und Fischer.
Dieses Jahr 1855 brachte außerdem der Gemeinde Unkosten von 39 Talern 14 Groschen und 6 Pfennigen. Auch diese Unkosten wurden umgelegt, wobei das Gut wieder Va und die Einwohner in Wehrstedt '/3 tragen mußten. Die Unkosten stammten aus "der Unterhaltung der Armen und Waisenkinder sowie durch' sonstige Lasten der Armen". Dazu kommen zur Abrechnung "von Krüger Grebe für 4 Tage gehaltende Musik 2 Taler, desgleichen für ein Spinnrad 10 Groschen und 6 Pfennige, bleib Summe 39 Taler 14 Groschen 6 Pfennige." Ob die Musik wohl fürs Richtefest war?


Außerdem vermerkt die Rechnungsliste der Gemeinde, daß im Jahr 1855 zur Unterstützung der Armen an 5 Sonntagen je "16 Sonntagsgroschen" ausgezahlt wurden. Das waren 3 Taler und 8 Groschen im Jahr, mit denen der Gemeindesäckel belastet wurde. Oder: Ein Armenhäusler bekam 20 Groschen im Jahr, das war noch nicht einmal 1 Taler!
Nr. 62, das Armenhaus unterm Ziegenberg

Die eigenartige Grenze, oder: War Wehrstedt ein Schmugglerdorf ?


Von 1643 bis 1803 war Wehrstedt wieder hildesheimisch, während die Vettern unserer ehemaligen Gutsherren, die bodenburgischen von Steinbergs in braunschweigischen Diensten blieben. Infolgedessen gehörte die Bodenburger Feldmark ins Herzogtum Braunschweig, wenn auch als Exklave, unsere Feldmark aber ins Bistum Hildesheim.
Karte mit Grenze (Der Grenzverlauf wurde nachträglich eingezeichnet)

Auf der Karte ist ein eigenartiger Verlauf dieser Landesgrenze zu erkennen. Er wurde im wesentlichen bestimmt von den Flurstücken, die den Wehrstedtern oder zum Bodenburger Gut gehörten. Auch waren alte Bachläufe maßgebend. Während die Ohe und die Fronwiese ganz im Braunschweigischen lagen, verlief die Grenze in einem wirren Hin und Her über den Gallberg. Auch vor der Ohe springt der Grenzverlauf vor und zurück und deutet somit noch den ursprünglichen Rand des Waldes an.
Da die Landesgrenze also an der Nordwest-Ecke der Ohe verlief, trägt der Wirtschaftsweg von der Dorfmitte zur Ohe hinauf mit Recht den Namen "Am Schlagbaum". Aber vom Grenzpfahl oder Schlagbaum bestehen keine Erinnerungen oder Aufzeichnungen mehr.
Einige der Grenzsteine sind bis heute erhalten geblieben, z. B. in der Großen Wiese, in der Straßenböschung am Gallberg und in der Wiese vorm Schellborn. Die meisten sind im Zuge der Flurbereinigung, bei Dränagearbeiten, beim Sportplatzbau verschwunden. Die meisten sind aber "verlorengegangen", als sie in den letzten Jahren zunehmend den großen ,,landwirtschaftlichen Maschinen im Wege waren " mit der Sense konnte man eben "drumrum" mähen.
Vor etwa 130 Jahren gelangte diese Landesgrenze in den Mittelpunkt innerdeutscher Politik. Denn 1834 hatten mehrere deutsche Staaten unter Führung Preußens den "Deutschen Zollverein" gegründet. Er baute die Binnenzölle ab, damit der innerdeutsche Warenverkehr nicht mehr behindert wurde. Der Deutsche Zollverein bestand bis 1866 und löste die 38 Zollgrenzen auf, die sich vorher durch das deutsche Land zogen. Da jeder Landesherr Zoll erhob, erschwerte das den Handel und verteuerte die Ware ungeheuer.
Auch die deutsche Ausfuhr wurde zollfrei. Die Einfuhr wurde nur gering verzollt, damit der Handel aufblühen sollte. Aber da riefen die Geschäftsleute nach Schutzzöllen, um die ausländischen, besonders die englischen Waren zu verteuern. 1851/52 gab das Land Braunschweig diesen Forderungen der Kaufleute nach. Dadurch gehörte es nicht mehr zum Deutschen Zollverein und wurde Zollausland.

Für die braunschweigische Exclave Bodenburg wurde das ein Fiasko. Kamen Handelswaren aus dem Hannoverschen über die Klus und den Gallberg, mußten sie vor östrum verzollt werden. Bezogen die Bodenburger Ware aus Braunschweig, wurde sie sogar zweimal versteuert. Und dieser Durchgangszoll war unwahrscheinlich hoch: 1 Liter Kaffeebohnen wurde mit 3 Reichstalern versteuert, in Wehrstedt _ Zollinland - nur mit 5 ggr. (Groschen)
Wegen der zunehmenden Verarmung durch den Handelsrückgang nach Bodenburg, verlegten die Bodenburger sich zunehmend aufs Schmuggeln. Dafür bot sich naturgemäß die Ohe an. Aber 10 hannoversche Grenzzollaufseher waren rund um Bodenburg stationiert. Die haben wohl wirklich am Schlagbaum Zoll erhoben, für Waren "nach drüben". 1 Jahr und 10 Monate hat Wehrstedt an dieser innerdeutschen Zollgrenze gelegen, dann hat die Regierung in Braunschweig beim Deutschen Zollverein eingelenkt, die zunehmende Not der Bodenburger hörte auf, die Zollaufseher und der Schlagbaum verschwanden wieder. Der Flurname aber ist erhalten geblieben.

1870 bis 1871

Als preußische Soldaten mußten 1871 vierzehn Wehrstedter mit in den Deutsch-Französischen Krieg ziehen. Sie waren wahrscheinlich hannoverschen Regimentern zugeteilt. Einer von ihnen kam nicht zurück: C.Bolm. Die näheren Umstände sind heute nicht mehr bekannt. Die Namen der Kriegsteilnehmer wurden auf einer Fahne
verewigt, die 100 Jahre lang über der "Herrschaftsempore" im Altarraum der Kirche in Höhe des Deckengesimses hing. Es waren 2 Fahnen, die dort hingen, eine rote links und eine elfenbeinfarbene rechts, beide etwa 1 1/4 qm groß. Sie wurden beide bei der Kirchenrenovierung 1971 entfernt und verschenkt.
Die Texte waren eingestickt. Auf der roten Fahne stand: Von den Schulkindern Wehrstedts zum Freudenfest 1871. Wobei zu bemerken ist, daß der Lehrer Wilhelm Düwel als Musketier bei den 79ern mit nach Frankreich marschiert war. In die elfenbeinfarbige Fahne war mit grünen Buchstaben gestickt:


Die Kriegsjahre 1914 bis 1918

(Ein zeitgenössischer Bericht)

Der Wehrstedter Lehrer Steinborn notierte in einer Art Tagebuch, was während der Kriegsjahre 1914-18 den Einwohnern geschah. Seine Erlebnisse und Eindrücke werden hier nur auszugsweise, aber unverändert wiedergegeben:
Am 31. Juli 1914 wurde unser Dorf in eine große Aufregung versetzt, als abends 6 Uhr der Gemeindediener durch die Straßen ging und nach erfolgtem Glockenzeichen bekanntmachte, daß im Bereich des 10. Armeekorps der Kriegszustand erklärt sei ...
24 Stunden später, am I.August abend 6 Uhr, wurde dann die Mobilmachung des gesamten Heeres und der Marine angeordnet ... Gruppen von Männern und Frauen
standen auf den Straßen und vor den Häusern und besprachen lebhaft die politische Lage. Die Erregung auch in unserem Ort war furchtbar. Die Arbeit ruhte fast einige Tage, niemand konnte sich etwas Ernstes vornehmen ... Am meisten fanden sich die Dorfbewohner beim Schulhause ein, wo an einer großen Tafel die einzelnen Mobilmachungstage, die neuen Fahrpläne für Militärtransporte usw. ausgehängt waren. Depeschen, welche die wichtigsten Ereignisse vom Kriegsschauplatze meldeten, wurden hier gleichfalls veröffentlicht und eifrig gelesen ...
Auf Anordnung des Königl. Landrats mußten an den Eingängen des Dorfes Tag und Nacht Wachen aufgestellt werden, um fremde Automobile, die meist feindliche Offiziere (oft in Frauenkleidern) in rasender Geschwindigkeit nach Osten gen Rußland brachten, aufzuhalten und verdächtige Insassen ohne Ausweise zu verhaften ...
Gleich in den ersten Tagen der Mobilmachung begaben sich die jüngsten Jahrgänge der Reserve zu ihren Truppenteilen. Ehe die älteren Mannschaften sich aber stellten, gingen sie erst zum Abendmahl und bereiteten sich auf den ernsten Gang vor.
Der allgemeine Büß- und Bettag am S.August 1914 sah manche, welche der Kirche schon lange vorher den Rücken gekehrt hatten ... Unser deutsches Volk hatte seinen Gott wiedergefunden ... Während der ganzen Kriegszeit wurde unsere Kirche am Tage offengehalten ...
Unsere heranwachsende Jugend vom 16. Lebensjahr ab wurde auf Grund eines Ministerial-Erlasses zum militärischen Hilfs- und Arbeitsdienst herangezogen. Unsere jungen Leute versammelten sich wöchentlich zweimal (Dienstag + Freitag abend von 8-10 Uhr) im Salzschuppen des Kaliwerkes zu Salzdetfurth ..., wo sie in den militärischen Übungen ausgebildet und auf den Heeresdienst vorbereitet wurden. Ausgerüstet waren dieselben mit Holzgewehr und Feldmütze, welche von allen aus eigenen Mitteln beschafft wurden. Die Leitung hatte der Wehrstedter Kotsaß Heinrich Fischer übernommen. Mit Lust und Liebe geben sich die jungen Leute den militärischen Übungen hin ...
Am 4. August 1914, am Tage der Schlachten von Spiechern und Weißenburg hielt die deutsche Volksvertretung die denkwürdige Reichstagssitzung in Berlin ab. Im Reichstagsgebäude begann um 3 Uhr 15 Minuten die geschäftliche Sitzung. An der Spitze steht die Forderung der Kriegskredite in Höhe von 5 Milliarden Mark.
Einstimmig wurde die erste Kriegsanleihe bewilligt. Es wurden gleich 4'/2 Milliarden gezeichnet; auf die 2 Kriegsanleihen von 5 Millarden gingen über 9 Milliarden ein
... Eindringlich belehrte (in Wehrstedt) der Lehrer die Kinder über die aufgelegte Kriegsanleihe ...


Die Gelder aus der 1.Zeichnung wurden bei der Kreissparkasse in Trebnitz/ Schlesien, von den letzteren bei der Kreissparkasse des Kreises Marienburg in Bockenem auf sogenannte Kriegssparbücher angelegt.
... Wenn auch zunächst nur die jüngeren Jahrgänge zu den Waffen gerufen wurden, machte es den zurückbleibenden älteren Männern trotz des günstigen Erntewetters im Sommer 1914 doch große Mühe, die Ernte einzubringen. Waren die Pferde zum Heeresdienst angekauft, so wurde die Ernte durch die noch
vorhandenen Gespanne eingefahren ... Während des Krieges waren hier im Ort nur noch 4 Pferde ... Um die fehlenden Arbeitskräfte einigermaßen zu ersetzen, ordnete die königliche Regierung an, daß den oberen Jahrgängen der Schulkinder zur Hilfe in der Ernte, zum Roden von Kartoffeln und Rüben in weitgehendster
Weise Urlaub erteilt wird ...

Die größeren Höfe erhielten auf ihren Antrag einen Gefangenen. So waren hier 7 französische Gefangene, geliefert an Heinrich Bolm, Wilhelm Ebeling, Heinrich Bock, Heinrich Quensen, Karl Ebeling, Heinrich Philipps und Heinrich Fischer. Alle Gefangenen waren willig und fleißig ...
Kinder, die sonst bei der Arbeit nicht nötig waren, gingen aufs Feld und lasen Ähren. So wurde im Sommer 1916 durch Ährenlesen der Kinder allein 9 Ztr. Brotgetreide gewonnen ...
... Es war gänzlich unmöglich, Petroleum nach Deutschland einzuführen. Als die vorhandenen Mengen bald erschöpft waren, wurden Petroleummarken ausgegeben.
Zuerst erhielt die Familie wöchentlich 0,5 -1 Liter, später mußte diese Menge sogar für einen ganzen Monat reichen ... Jetzt werden wieder die alten Küsel hervorgeholt und mit Docht und Rüböl versehen ... Viele Gemeinden unserer Gegend schlössen Verträge ab mit den Elektrizitätswerken in Gronau und Nordstemmen. Wehrstedt schloß mit dem Werk in Nordstemmen ab, konnte aber, obwohl die Hausanschlüsse sämtlich fertig waren, kein Licht bekommen, weil die Kupferdrähte beschlagnahmt und von der Heeresverwaltung gebraucht wurden.
Das in der Kinderheilanstalt in Salzdetfurth eingerichtete Erholungsheim für Soldaten wurde von hier aus reichlich mit Naturalien bedacht. Die Schulkinder sammelten Eier ein und konnten bald 245 Stück in Salzdetfurth abliefern.
Wer irgend konnte, baute in dieser fettarmen Zeit etwas Mohn oder Raps an und ließ in Gandersheim oder Seesen Öl daraus machen. Im letzten Kriegsjahr gab es eine besonders reiche Bucheckernernte. Alt und jung, groß und klein ging in den Wald und las oder fegte Buche. Damit auch der Allgemeinheit von dem reichen
Segen etwas zugute kam, mußte die Hälfte der gesammelten Bucheckern gegen Zahlung von 1,65 M für das Kilogramm abgegeben werden. In der Schule wurden im ganzen 27 Zentner abgegeben.
... Wegen der großen Knappheit an Heu und Stroh mußte Laub oder Futter für die Militärpferde gesammelt werden. Die hiesigen Schulkinder sammelten 155 Zentner Frischlaub und erhielten dafür über 900 M bar ausbezahlt. Das frische Laub wurde auf Handwagen nach der Zuckerfabrik in Bockenem gefahren, wo es getrocknet wurde. Das hier auf dem Wolfschen Tanzboden und in der Philippschen Scheune getrocknete Laub ging gleich in die Mühle zu Nienburg, wo es gemahlen, zu Kuchen gepreßt und an die Front geschickt wurde ...
In der letzten Zeit des Krieges wurden alle noch vorhandenen Gegenstände aus Kupfer oder Messing beschlagnahmt und nach Bockenem abgeliefert. Zur Herstellung von Kanonen und Geschossen mußten auch unsere kleine Schlagglocke und die großen zinnernen Prospektpfeifen der Orgel abgeliefert werden. Die kleine Glocke wurde nach dem Krieg durch eine Stahlglocke der Firma Weule in Bockenem ersetzt (die Prospektpfeifen erst 1924) ...
War jemand auf dem Felde der Ehre gefallen, so fand am nächsten Sonntag in der Kirche eine Gedächtnisfeier statt. Der Geistliche gab bekannt, welche Gefechte und Schlachten er mitgemacht und wo er gefallen und begraben war. Die Gemeinde sang dann stehend das Lied: "Jesus, meine Zuversicht ..." Am 9. November 1918
kam es in Berlin zur Revolution. Das Volk riß die Gewalt an sich. Oberall bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Menschen, die schon mit Gefängnis und Zuchthaus Bekanntschaft gemacht hatten, stellten sich an die Spitze der Gemeinden und wollten regieren ...

Die Kriegsteilnehmer, die 1914-18 aus Wehrstedt ins Feld zogen:

1. Heinrich Bolm (im Dorfe) Infanterie-Rgt. 77
2. Friedrich Brinkmann 4. Garde-Rgt. zu Fuß Belgien, Frankreich
3. Christel Philipps Ostfries. Feld-Artill.-Rgt. 62 Frankreich, Rußland
4. Wilhelm Philipps Infanterie-Rgt. 87 Frankreich
5. Heinrich Mävers, Gefr. Reserve-Inf.-Rgt. 77
6. Karl Grebe (Bergmann), Uffz. 1. Oberrhein. Inf.-Rgt. 97 Rußland
7. Herbert Gerbes Jäger-Bat. Nr. 10 Belgien, Frankreich, Tirol, Galizien
8. Karl Ebeling Infanterie-Rgt. 79 Namur, St. Ouentin
9. Friedrich Wagener 4. Komp. Inselwache Borkum
10. Heinrich Wedemeyer, Sergeant Infanterie-Rgt. 79 Frankreich, Rußland
11. Heinrich Jacobs Frankreich
12. Julius Bertram 20. Div.-Rekrutendepot, Etappeninspektion 7
13. Ludwig Stein, Uffz. Sturmabtig. Hannov. Pionier-Bat. Nr. 10 Frankreich
14. Dr. Fritz Lange, Uffz. Fuhrpark-Kolonne 30 20. Armeecorps Frankreich, Rußland
15. Wilhelm Böse Res.-Inf. Munitions-Kolonne 24
16. August Schillig, Uffz. Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich
17. Heinrich Bolm (im Winkel), Uffz. Landwehr-Fußartillerie-Rgt. 34 Frankreich, Rußland
18. Gustav Grenne, Gefr. Inf.-Rgt. 79
19. Friedrich Ente Inf.-Rgt. 79
20. Karl Stein Inf.-Rgt. 164 Frankreich, Flandern
21. Gustav Küßner, Vize-Feldwebel, EK l Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich, Rußland
22. August Fricke, Gefr. Rgt.-Stab Husaren-Rgt. 14 Frankreich, Rußland, Flandern, Ukraine
23. Heinrich Gerbes (Schuhmacher), Sergeant Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich
24 Wilhelm Brunotte, Sergeantpeld-Flieger 28 Rußland, Serbien, Dobrutscha, Krim
25 Heinrich Brunotte Garde-Inf.-Rgt. 79 Rußland
26. Heinrich Philipps Res.-Inf.-Rgt. 77
27. Karl Kopperschmidt Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich
28. Ludwig Gaus Munitionskol. 61, 47. Res.-Div. Frankreich, Rußland
29. Karl Hagemann, Gefr. Masch.-Komp. Rgt. Nr. 22 Frankreich, Rußland
30. Karl Grebe (Kaufmann), Uffz. Inf.-Rgt. 79
31. Karl Pülm, Gefr. Frankreich, Belgien, Rußland Kaiser-Franz-Garde Grenadier-Rgt.
32. August Denecke Jäger-Rgt. Nr. 10 Frankreich, Tirol, Serbien
33. Karl Denecke, Gefr. 2. Hannov. Pionier-Bat. Nr. 10 Frankreich
34. Wilhelm Ebeling Landwehr-Inf.-Rgt. Nr. 74 Belgien
35. Heinrich Hagemann Torpedo-Obermatrose auf SMS Kaiser Friedrich III
36. Wilhelm Einecke (Hornist), Sergeant Ersatz-Inf.-Rgt. 29
37. Karl Brinkmann
18. Res.-Jägerbataillon
38. Hermann Leinemann, Gefr. Res.-Inf.-Rgt. 77
39. August Härtung Inf.-Rgt. 77 Frankreich
40. Heinrich Henkel Landsturm-Inf. 3 Etappen-lnsp. Frankreich
41. Karl Schwerdtfeger Inf.-Rgt. 78 Rußland, Frankreich
42. Wilhelm Brinkmann, Gefr. Frankreich Minenwerfer-Komp. 160
43. Ernst Bolm 4. Landsturm-Inf.-Ersatz-Bat. Frankreich, Flandern
44. Wilhelm Ebeling (Landwirt)
45. Karl Münnecke, Gefr. Inf.-Rgt. 77 Frankreich, Rußland
46. Heinrich Philipps (Ziegenberg) ln(.-Rgt. 77 Frankreich
47. Heinrich Kopperschmidt (Kaufmann) Garde-Feldart. Jüterbog Estland
48. Heinrich Kopperschmidt (Zimmermann) Eisenbahn-Rgt. 1 Serbien, Belgien, Frankreich, Macedonien
49. Hermann Neumann, Diener SM des Kaisers Kürassier-Rgt. v. Seydiitz Nr. 7 Rußland, Rumänien, Belgien, Frankreich
50. Heinrich Grebe (Gastwirt), Gefr. Landsturm-Inf.-Rgt. Nr. 1 Rußland, Baltikum
51. Albert Karmrodt Landwehr-Inf.-Rgt. 23
52. Karl Henkel Feld-Art.-Rgt. 62 Frankreich
53. Karl Bolm Feld-Art.-Rgt. 35 Frankreich
54. Wilhelm Keunecke 1. Landsturm-Inf.-Ersatz-Bat. Straßburg Belgien, Rußland, Galizien
55. Karl Rott Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich
56. Heinrich Quensen Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich
57. Heinrich Bock 50. Res.-Div. Reserve-Bäckerei Rußland, Frankreich
58. Karl Meinecke 2. Landsturm-Bat. Frankreich
59. Karl Borchers Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich, Borkum
60. Hermann Ohms, Gefr. Landsturm-Ersatz-Bat. II Frankreich
61. Hoppe (Hornist) Landsturm-Inf.-Bat. 39 3. Etappen-lnsp. Frankreich
62. Adolf Hoffmann Rekrutendepot II 79 Frankreich
63. Heinrich Fischer Frankreich
64. Heinrich Crome Feld-Art.-Rgt. 10 Frankreich
65. Karl Brinkmann (Landwirt) Res.-Inf.-Rgt. 78 Frankreich, Rußland
66. Heinrich Brinkmann (Maurer) Füsilier-Rgt. 90 Frankreich
67. Heinrich Geliert
68. Karl Gerbes 16. FüsilierArtillerie Flandern, Frankreich
69. Paul Härtung Rekruten-Depot Inf.-Rgt. 92 Frankreich, Rußland
70. Richard Holland Res.-Art.-Rgt. 20
71. Richard Härtung Pionier-Bat. 3 Frankreich, Rußland
72. Karl Habenicht Inf.-Rgt. 603
73. Hermann Jasch Feld-Art.-Rgt. 10, Lichtmeßtrupp 5 Frankreich
74. Wilhelm Langemeyer
75. Ernst Münnecke Inf.-Rgt. 361 Frankreich, Rußland
76. Karl Ohms 5./6. Garde-Feld-Art.-Rgt. Jüterbog Rumänien, Macedonien
77. Ernst Mahnkopp Res.-Art.-Rgt. 28 Frankreich
78. Gustav Jacobs Inf.-Rgt. 143 Frankreich
79. Ernst Sachs Frankreich, Rußland
80. Heinrich Schillig (Winkel) Inf.-Rgt. 374 Rußland, Frankreich
81. Heinrich Schillig (Ecke) Inf.-Rgt. 77 Frankreich
82. August Wagener, Gefreiter Garde-Feld-Art. Rumänien, Frankreich
83. Gustav Wagener Pionier-Bat. Frankreich
84. Karl Wolf Garde-Landsturm-Bat. Noilendorf Rußland
85. Alfred Philipps 20. Inf.-Div. Frankreich
86. Rudolf Stürmer Res.-Inf.-Rgt. 228 Frankreich
87. Wilhelm Vespermann (Schuhmacher) 1. Corps-Bekleidungsamt Rußland
88. Heinrich Mahnkopp Labiau, Königsberg
89. Hermann Härtung Feld-Art.-Rgt. 43 Frankreich
90. Gotthilf Einecke Train-Bat. Rußland, Serbien, Frankreich
91. Heinrich Habenicht Infanterie-Rgt. 603 Frankreich
92. August Fuhrmann
93. Karl Philipps (Winkel), Batteriechef
94. Heinrich Maibaum (Knecht)
95. Friedrich Maibaum (Lokomotivheizer)
96. Karl Mävers
97. Friedrich Mävers
98. Adolf Illing (Pastor), Sanitäts-Uffz.

1914-18 Auf dem Felde der Ehre gefallen:

Wilhelm Philipps, Gärtner September 1914 Reims/Fr.
August Fuhrmann 17. September 1914 Mont de Marsan/Fr.
Heinrich Philipps, Kaufmann April 1915 Argonnerwald
Heinrich Brunotte 4. August 1915 Ostrolenka/Narew
Friedrich Ente 18. Juli 1915 Baranica
Heinrich Bolm (im Dorfe) 28. September 1915 Salome/Fr.
Heinrich Jacobs 27. Oktober 1915 Salome'Fr.
Karl Brinkmann (Ziegenberg) 27. März 1916 St. Eloi-Loos/Fr.
Gustav Wagener 22. Juli 1916 Sissonac/Fr.
Wilhelm Ebeling (Tischler) 24. Dezember 1916 Belgien
Karl Schwerdtfeger 30. Januar 1917 Serre a. d. Anere/Fr.
August Wagener 6. August 1918 Frankreich
Friedrich Wagener 17. November 1918 Borkum
Heinrich Mävers
August Schillig
Dr. Fritz Lange Oliva
Ernst Sachs


Die "braunen" Jahre, 1933 bis 1945


Vorbemerkung des Chronisten: Der folgende Abschnitt wird bewußt kurz ausfallen. Aber es wäre eine Verfälschung der Tatsachen, würde diese hier weggelassen. Dann würde der Wahrheitsgehalt der Chronik angetastet. Also wird hier auch erwähnt, daß vor rund 50 Jahren die "Nazis" im Ort Fuß faßten. Inwieweit ihr Gedankengut in die Dorfgemeinschaft eindrang, ist eine ganz andere Frage. Um die Geschehnisse aus den Anfängen des "3. Reiches" möglichst objektiv zu schildern, wird hier aus damaligen Aufzeichnungen zitiert:
"Im April 1933 kamen Mitglieder der NSDAP aus Bad Salzdet-furth nach Wehrstedt (Grebes Saal), um auch hier Mitglieder zu werben. ... verpflichteten sich an dem Abend etwa 15 Männer ... zum Eintritt in die Partei. Sie bildeten einen Block der Ortsgruppe Salzdetfurth. Blockleiter wurde der Revierförster Schult-chen in Wehrstedt. Im Frühjahr 1934 bestimmt der Ortsgruppenleiter Rosin aus Salzdetfurth [einen neuen] Blockleiter in Wehrstedt. 1936: Infolge der Zunahme der Parteimitglieder (jetzt 26) wurde Wehrstedt eine Zelle aus 3 Blocks. 1936: Angeregt von der Ortsgruppe in Salzdetfurth, bildete sich in Wehrstedt eine NS-Frauenschaft, eine NS-Volkswohlfahrt, ein Sturm der SA, eine Hitler-Jugend ... 1.4.1939: Die Zelle Wehrstedt wird selbständige Ortsgruppe, Ortsgruppenleiter wurde ..."
2 Parteimitglieder sind dann konsequenterweise auch aus der Kirche ausgetreten. Die antikirchliche Grundhaltung der "Staatspartei" hat sich in Wehrstedt höchstens in Gleichgültigkeit bzw. Resignation ausgedrückt. Die allerdings kann auch durch die bedrückenden Ereignisse der schweren Jahre des 2. Weltkrieges hervorgerufen worden sein. Pastor Dr. Cordes schreibt darüber wie folgt:
"Der Kirchenkampf hat auf das innerkirchliche Leben in der Gemeinde keine nachhaltige Wirkung ausgeübt.... aber eine innere Müdigkeit, ich möchte nicht sagen: Gleichgültigkeit, eine den weiteren Lauf der Dinge abwartende Resignation ließ es nicht zu dem Entschluß kommen, an dem kirchlichen Leben nun stärker teilzunehmen. Schädigend hat auch der Umstand eingewirkt, daß in den letzten Kriegsjahren in den kalten Monaten der Gottesdienst wegen Feuerungsmangel in das Familienzimmer des
Pfarrhauses verlegt werden mußte ... Die schwere Enttäuschung, die viele Gemeindemitglieder am Nationalsozialismus erlebt haben - nicht erst in seinem Zusammenbruch -, hat sie noch mißtrauischer gemacht gegen alle Worte, denen sie an sich wohl zustimmen möchten. ... Der Acker der Volksseele ist durch die Geschehnisse des letzten Jahrzehnts wohl aufgewühlt, aber seit langem überfordert und ausgebeutet, entbehrt er jetzt der Triebkraft zum .Glauben'."

Opfer des 2. Weltkrieges

Gefallen:
1940 Ernst Brinkmann
1941 Walter Klemm, Karl Missner, Heinrich Münnecke
1942 Hermann Brauner, Johann Cordes
1943 Walter Brunotte, Paul Göbel, Heinrich Karmrodt, Hugo Pingel, Karl Reizig
1944 Friedrich Brinkmann, Karl Brinkmann, Heinrich Bock, Gustav Denecke, Willi Gewald, Fritz Meinecke, Wilhelm Mävers, Ernst Sachs, Hermann Sander, Hermann Hert-rempf, Alfred Hertrempf, Paul Eißler
1945 Herbert Feist, Paul Hoffmann, Johann Joswig, Wilhelm Meinecke, Heinrich Wedemeyer, Heinrich Gerbes, Georg Jaskalla, Werner Schnelle, Wilhelm Schwabe, Franz Förster, August Schlesinger
Vermißt:
1942 Joachim Hoffmann
1943 Joachim Brauner, Ernst Harling, Wilhelm Saake, Eduard Schneider, Willi Schmidt, Werner Moritz, H. Schmidt
1944 Karl Jörren, Wilhelm Karmrodt,-Karl-Meinecke, Friedrich Meyer, Wilhelm Stein, Ernst Stein, Rudolf Pingel
t945 Alfred Brauner, Sepp Hecke), Richard Joswig, Wilhelm Tönnies, Heinz Wunstorf, v. Vietighoff-Scheel, Hermann Wolf, Erich Oppermann, Heinrich Dumetat.

Die Heimatvertriebenen


Nachdem zu Beginn des letzten Kriegsjahres die Russen in die deutschen Ostgebiete einmarschierten, folgten auch bald die Polen. Unter der russischen Militärverwaltung durften die Deutschen jenseits der Oder-Neiße noch bleiben. Dieses Gebiet sollte nach den Beschlüssen der Krimkonferenz im Februar 1945 in Jalta von den Polen nur verwaltet werden. Weil aber Stalin 1/3 des ostpolnischen Raumes behalten wollte, betrachteten die Polen die deutschen Ostgebiete als für immer überlassen und begannen, die Deutschen zu vertreiben.
5 Millionen Deutsche lebten bei Kriegsende noch östlich der Oder-Neiße. 1946 wurden sie von den Polen in großen Transporten ausgewiesen. Nach den Jalta-Beschlüssen wurde das im Potsdamer Abkommen, nach der Kapitulation am 8. Mai 1945, so formuliert:
"... sind ordnungsgemäß auszusiedeln!"
Die Wirklichkeit sah dann so aus: Innerhalb 24 Stunden auf dem Bahnhof sein, Fahrgeld für den Bahntransport bezahlen, Gepäck (Bündel, Koffer, Rucksack ...) nur so viel man tragen konnte, Transport im Viehwagen, der mit Stroh aufgeschüttet wurde.
Nach Wehrstedt kamen die meisten Vertriebenen 1946 mit einem Transport aus Schlesien. Die zum Teil offenen Viehwagen waren auf der Strecke Penzig-Kohlfurth beladen worden und kamen über Magdeburg nach dem "Westen". Von Uelzen wurde der Zug weitergeleitet nach Bockenem. Von dort holten die Wehrstedter "ihre" Vertriebenen mit Gespannen - z. T. mit Ochsengespannen - vom Bahnhof ab. Es waren 242 Personen, davon nur 28 nicht aus Schlesien.
Bürgermeister Schillig wies ihnen allen Quartiere in den einzelnen Häusern zu.

Diese Vertriebenen waren:
Aniol (3), Hörn (5), Klemmt (5), Leonhard (3), Schmidt (3), Hoffmann (2), Jansen (1), Kunte (1), Fünfstück (7), Klinke (1) Franke (11), Fieber (3), Gruth (1), Hoffmann (2), Heckel (1), Laqua (1), Heimann (3), Latzel (5), Pätzold (2), Schlinke (6)

Raschke (5), Kautz (1), Göbel (4), Heinz (5), Schlesinger (2), Grundei (4), Flassig(2), Missner(5), Vogt(1), Stoffregen (4), Wolf (3), Kasper (3), Rösner(3), Förster (1) Herberg (2) Dudek(4), Pukalla (3) Ressel (2), Bräuer (3), Grosche (4), Bonig (4), Feist (4) Burzin (2), Schubert (7) Brauner (3) Sobotta (1) Apelt (6),
Ries (2), Kuppert (2) Walke (2) Klose (4) Urner (1), Kinzel (2) Meschter (3), Wirth (2), Schön (2) Merfert (5)
Brunzel(3) Sandvoß (2) Kleinert(1) Klose (2) Klemm (2), Wuttke (3), Woischnig (3) Warner(2) Schmidt (2)
1946 wird Wehrstedt neue Heimat für Vertriebene und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten

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